Funktionelle Zahnmedizin: Auswirkungen der Bisslage, der Unterkieferposition und beteiligter Strukturen auf den Bewegungsapparat
Der Kopf des Menschen nimmt aufgrund seiner Fülle an überlebenswichtigen Aufgaben eine zentrale Rolle im menschlichen Organismus ein. Sein Schwerpunkt liegt räumlich vor seiner sehr kleinen Auflagefläche, den Condyli occipitales, weshalb Bänder und Muskeln enorm wichtig für die Stabilisierung und Balancierung des Kopfes über der Wirbelsäule sind.
Das Gesicht des Menschen muss aus funktionellen Gründen stets senkrecht stehen, unter anderem um die Pupillen horizontal auszurichten und das Kauorgan zur Nahrungsaufnahme zu positionieren.
Eine „optimale“ Haltung ermöglicht es dem Organismus, unter ökonomischer Aufwendung der Muskulatur eine Stabilisierung der Haltung ohne Ermüdungserscheinungen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Ein Abweichen aus dieser optimalen Haltung kann aufgrund von Unfällen, Verletzungen oder funktionell bedingten Veränderungen entstehen, um betroffene Strukturen zu schonen. Diese Fehlhaltungen sollten in der Regel nach Regeneration der Strukturen verschwinden, können jedoch auch persistieren. Hierbei kommt es zu einer Anpassung an die Fehlhaltung, welche die Verletzung selbst überdauern kann (Kompensation).
Es können sich Störungen des Halte- und Bewegungsapparats vom Ort des Ursprungs der Störung entlang funktioneller Ketten fortpflanzen, und an anderer Stelle neue sekundäre Störungen bewirken.
Wenn es zu Störungen der funktionellen Regulation der Kaumuskulatur und der Kiefergelenke kommt, wird dies mit einem symptombezogenen Sammelbegriff als kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD) bezeichnet. Kiefer- und Kopfgelenke bilden eine neuromuskulär und neurophysiologisch gesteuerte reflektorische Einheit. Ihre Bewegungen werden durch gemeinsame motorische Programme gesteuert und laufen immer koordiniert ab. Daher ist eine Kieferfehlstellung nicht von einer Halswirbelsäulenfehlstellung abzugrenzen.
Kopf- und Kiefergelenkstörungen haben Einfluss auf die posturale Muskulatur bis in die unteren Extremitäten. Die CMD ist häufig ursächlich an funktionellen Wirbelsäulenproblemen und chronischen Schmerzen beteiligt.
Nachfolgend soll ein Exkurs in die funktionelle Zahnmedizin besonders im Bezug auf die sportliche Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen und Sportlern gegeben werden. Eine Kombination aus hohem Trainingspensum, kurzen Regenerationszeiten sowie starkem Leistungsdruck, welcher sich durch latenten psychischen Stress äußert, führen zu einer signifikant erhöhten Prävalenz von kraniomandibulären Dysfunktionen bei Profi- und Hochleistungssportlern. Betritt ein Patient mit funktionellen Beschwerden die Praxis, oder soll ein augenscheinlich gesunder Sportler hinsichtlich möglicher zahnärztlicher Störfaktoren untersucht werden, beginnt eine Detektivarbeit. Mit einbezogen werden Bewegungs- und Stützapparat, manualmedizinische Untersuchungen der Muskel- und Gelenkfunktion sowie die medizinische Vorgeschichte, einschließlich vergangener Verletzungen und kieferorthopädischer Vorbehandlungen. Auch erfolgt eine Einschätzung, ob die vorhandenen Störungen primär durch das Kiefergelenk bedingt oder sekundärer Natur sind. Aus diesem Grund scheint es sinn-voll, diagnostische und therapeutische Möglichkeiten jenseits des eigenen Fachgebiets kennenzulernen, um ein interdisziplinär abgestimmtes Vorgehen zum Erkennen und Beseitigen versteckter Leistungsbremsen einer Sportlerin oder eines Sportlers zu ermöglichen.
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